Wem der Firmenname nicht auf Anhieb etwas sagt: Die Marke „Schwalbe“ dürften die meisten Leserinnen und Leser kennen – zumindest alle unter ihnen, die Rad fahren. „Schwalbe“, das darf man so sagen, ist vermutlich die bekannteste Marke in Deutschland für Fahrradreifen und -schläuche. Mit Nachhaltigkeit beschäftigt sich die Ralf Bohle GmbH seit mehreren Jahrzehnten, Recycling spielt dabei eine immer zentralere Rolle.
Erfolgsgeschichten aus NRW
Ralf Bohle GmbH – Rollende Innovationen
Die Herausforderung
Damit sich Radfahrerinnen und Radfahrer möglichst selten mit den Reifen und Schläuchen ihres Fahrrads befassen müssen, befasst man sich bei der Ralf Bohle GmbH in Reichshof im Oberbergischen Kreis besonders intensiv damit. 1973 erblickte dort die Marke „Schwalbe“ das Licht der Welt, und seitdem steckt das Unternehmen viel Geld, Zeit und Kreativität in die stetige Weiterentwicklung von Fahrradreifen und – schläuchen. Denn die Anforderungen sind vielfältig – und variieren je nach Fahrradtyp: Ein Qualitätsreifen muss lange laufen, schnell sein, guten Grip bieten, Regen, Sonne, Hitze und Kälte standhalten. Es kommt dabei auf die richtige Gummimischung an, weitere Materialien sind Nylongewebe und bei vielen Reifen auch Draht. Dieser Mix ist eine Herausforderung für ein mögliches Recycling.
Trotzdem startete das Unternehmen bereits 1993 ein erstes Projekt: Es lieferte gebrauchte Reifen an ein verarbeitendes Unternehmen, das daraus Gummimatten machte. Downcycling also, immerhin. Zehn Jahre später endete das Projekt, es war technisch, energetisch und logistisch zu aufwändig. Im Unternehmen forschte man jedoch weiter, die Ralf Bohle GmbH meinte es ernst mit der Nachhaltigkeit, man war überzeugt, dass mehr möglich sei. Zum Beispiel auch, was den Industrieruß angeht, der Bestandteil fast jeder schwarzen Reifen-Gummimischung ist. Bei 25 Millionen verkauften Reifen pro Jahr und nicht viel weniger Schläuchen würde sich ein erheblicher positiver Effekt in Sachen Ressourcenschonung und Umweltschutz ergeben, wenn man Altreifen zu Neureifen verarbeiten und auf Industrieruß verzichten könnte.
Steffen Jüngst, PR-Manager
“Für dieses Produkt haben wir damit eine echte Kreislaufwirtschaft etabliert”
Die Innovation
Die Fachleute bei Schwalbe forschten weiter. 2015 ging das Schlauch-Recycling an den Start – seitdem besteht jeder neue Schwalbe-Standardschlauch zu 20 Prozent aus Altschläuchen. 8,5 Millionen Schläuche konnten auf diese Weise zwischen 2015 und 2022 recycelt werden. 2021 erzielte das Unternehmen mit seinem Schlauch-Recycling den zweiten Preis im Wettbewerb „Going Circular“, der jährlich unter Schirmherrschaft des NRW-Ministeriums für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie stattfindet.
2022 dann der nächste große Meilenstein: ein innovativer Reifen-Recycling-Prozess. Möglich wurde das Pilotprojekt durch die Zusammenarbeit mit der Technischen Hochschule Köln und einem Recyclingunternehmen aus dem Saarland. Während Altreifen bis dahin meist verbrannt wurden, können sie nun in vier Stufen geschreddert und in Gummigranulat, Textilfaser und Stahl getrennt werden. Das Gummigranulat kommt in einen speziellen Reaktor, quasi eine Art Backofen. Heraus kommen Gas, das die Anlage wiederum mit Strom versorgt; Öl, das von der Industrie zum Beispiel in Textilfasern genutzt wird und dabei Rohöl ersetzt; und Pyrolysekoks. Der wird zu einem Material weiterverarbeitet, das in neuen Schwalbe-Produkten zum Einsatz kommt und dabei Industrieruß ersetzt. Im Sommer 2023 wird Schwalbe erstmals einen Reifen vorstellen, der gänzlich ohne Industrieruß auskommt. „Für dieses Produkt haben wir damit eine echte Kreislaufwirtschaft etabliert“, sagt Steffen Jüngst, Public-Relations-Manager der Ralf Bohle GmbH.
Möglich macht dieses Recycling zudem ein eigens initiiertes Rückholsystem, für das binnen neun Monaten rund 1.600 der deutschlandweit über 6.000 Fachhändlerinnen und Fachhändler gewonnen werden konnten. Dank intensiver Aufklärungsarbeit im Fachhandel sowie bei Endkundinnen und Endkunden steigt die Zahl ständig weiter.
Der NRW-Effekt
Innovationen wie die geschilderte basieren meistens auf Kooperationen. Vor allem wissenschaftliche Einrichtungen spielen dabei eine wichtige Rolle. Bei Schwalbe ist man deshalb sehr dankbar für die räumliche Nähe zu bedeutsamen Forschungsinstitutionen. „Mit der Technischen Hochschule Köln
beispielsweise unterhalten wir eine langjährige Kooperations- und Forschungspartnerschaft“, berichtet Jüngst. In das Reifen-Recycling-Projekt war auch ein heutiger Mitarbeiter eingebunden, der sich in seiner Masterarbeit und anschließenden Dissertation an der TH Köln bis heute intensiv mit dem Thema befasst. Gleichzeitig schätzt das Unternehmen den Standort NRW als Recruitingbasis. „Wir wachsen kontinuierlich und benötigen auch in Zukunft gut ausgebildete Fachkräfte, die wir fast immer in NRW finden.“
Der Bedarf an Zusammenarbeit mit der Forschung wird nicht nachlassen. „Wir haben mit dem ersten Reifen-Modell ohne Industrieruß einen Meilenstein geschafft, weitere sollen folgen“, unterstreicht Jüngst. Zudem würde das Unternehmen bei der Schlauch-Produktion gerne den Altschlauch-Anteil von 20 Prozent erhöhen.
Diese Erfolgsgeschichte einer innovativen Transformation wurde im August 2023 veröffentlicht. Es finden im Anschluss keine Aktualisierungen bzw. Prüfungen der Angaben statt.
“Wir wachsen kontinuierlich und benötigen auch in Zukunft gut ausgebildete Fachkräfte, die wir fast immer in NRW finden.”
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Die Publikationsreihe „Transformation durch Innovation“ soll veranschaulichen, wie Unternehmen in NRW, dank der durch das Land NRW geschaffenen Rahmenbedingungen, erfolgreiche Innovationsgeschichten schreiben konnten.
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