In Deutschland fallen Jahr für Jahr weit über 200 Millionen Tonnen Bau- und Abbruchabfälle an. Gleichzeitig werden natürliche Rohstoffe wie Kies und Sand knapp. Die Betonwerk Büscher GmbH & Co. KG geht deshalb neue Wege: Sie entwickelte einen Recyclingbeton, in dem die gesamten Natursteine und der Sand zu 100 Prozent durch Abbruchabfälle ersetzt sind. In Heek entstand jetzt ein erstes Gebäude mit Innenwänden aus Recyclingbeton.
Erfolgsgeschichten aus NRW
Betonwerk Büscher GmbH & Co. KG – Auf dem Weg zur zirkulären Bauwirtschaft
Die Herausforderung
Bau- und Abbruchabfälle sind ein Problem. In Deutschland machen sie den Großteil des gesamten Brutto-Abfallaufkommens aus. Letzteres betrug im Jahr 2021 über 411 Millionen Tonnen. 222 Millionen Tonnen davon waren Bau- und Abbruchabfälle. Erst mit großem Abstand folgen etwa Siedlungsabfälle (knapp 52 Millionen Tonnen) oder Abfälle etwa aus Produktion und Gewerbe (knapp 50 Millionen Tonnen). Die Unternehmensgruppe Büscher mit Sitz in Heek bei Münster kennt sich mit Abrissmaterial bestens aus. Sie betreibt unter anderem einen Containerdienst, Bauschutt gehört zum Geschäftsalltag.
Mittels einer eigenen, elektrisch betriebenen Bauschutt-Brechanlage wird das Material bei Büscher zerkleinert. Lange Zeit nahmen Tiefbau-Unternehmen den geschredderten Bauschutt ab, er wird beispielsweise für den Wegebau verwendet. „Dabei kann das Material viel mehr“, waren sich die Geschäftsführer Wolfgang und Hans-Jürgen Büscher schon vor ein paar Jahren sicher. Und so stellten sie sich einer Herausforderung eigener Art: dem bestens funktionierenden Produkt des Unternehmens – der „Büscher-Wand“, also einer Fertigbeton-Wand etwa für den Hausbau – ein vergleichbares Produkt aus Recyclingbeton an die Seite zu stellen.
- Fotos: copyright_Münsterland e.V._Philipp Foelting / © by zurueckfuerdiezukunft.de
- Text: Lothar Schmitz, Wirtschaftsjournalist Bonn
- Veröffentlichung: Mai 2024
Wolfgang Büscher, Geschäftsführer
“In den Fertigteilen werden die Rohstoffe Kies und Sand komplett durch gemischtes Abbruchmaterial ersetzt”
Die Innovation
Und so begannen die Fachleute, mit dem Abrissmaterial von Häusern, Brücken und anderen Bauwerken zu experimentieren. Es gelang ihnen, einen Recyclingbeton zu entwickeln, in dem die gesamten Natursteine und der Sand zu 100 Prozent durch Abbruchabfälle ersetzt sind, und daraus die „Büscher-Wand“ zu fertigen. Mitte 2021 erhielten sie für ihre Erfindung das in der Baubranche entscheidende Siegel: die „allgemeine bauaufsichtliche Zulassung“ (abZ) des Deutschen Instituts für Bautechnik für tragende und nicht tragende Innenwandelemente aus Recyclingbeton. Im Dezember kam die Bauartgenehmigung für die „Büscher-Blöcke“, also Bauteile aus Recyclingbeton, hinzu. „In den Fertigteilen werden die Rohstoffe Kies und Sand komplett durch gemischtes Abbruchmaterial ersetzt“, erklärt Wolfgang Büscher, „zusätzlich haben wir eine Einsparung der CO2-Emissionen von zirka 23 Prozent im Vergleich zu herkömmlichen Stahlbetonwänden.“ Um auch ganz praktisch zu zeigen, was möglich ist, errichtete das Unternehmen im westfälischen Heek ein Referenzobjekt, ein Mehrfamilienhaus, bei dem alle Innenwände aus Recycling-Fertigteilen bestehen.
Lediglich die Außenwände und Decken sind aus konventionellem Beton gefertigt, doch bei Büscher experimentiert man weiter, um auch hier zu Recycling-Lösungen zu gelangen. „Wir hoffen nun, dass sich die Verwendung von Recyclingmaterial beim Bauen durchsetzt und die Nische bald verlässt“, betont Büscher, „schließlich leistet diese Bauweise einen erheblichen Beitrag zur Schonung knapp werdender Ressourcen wie Kies und Sand.“ Dazu möchte das Unternehmen Lizenzen vergeben, so dass Recycling-Wände auch von anderen Firmen in ihrer jeweiligen Region gebaut werden können. „Das hätte einen zusätzlichen positiven Klima-Effekt, weil die Betonfertigteile dann nicht so weit transportiert werden müssten“, erklärt Büscher, der für eine ressourcenbewusste Baukultur wirbt.
Der NRW-Effekt
Bei ihren innovativen Bestrebungen setzen die Brüder Büscher nicht nur auf die Kreativität ihres eigenen Entwicklungsteams, sondern auch auf Kooperationen mit externen Fachleuten sowie Hochschulen und Forschungseinrichtungen. „NRW ist dafür ein exzellenter Standort“, sagt Wolfgang Büscher. So waren beispielsweise Forschende der Universität Duisburg-Essen und Fachleute der Roxeler Ingenieurgesellschaft mbH aus Münster an der Materialentwicklung und dem Pilotgebäude in Heek beteiligt. Auch die Zahl innovativer Unternehmen und Beschäftigter sei in NRW überdurchschnittlich. „Das hat unser Bundesland vielen anderen voraus“, findet Büscher. Was nach seiner Überzeugung speziell das Ruhrgebiet als Region im Wandel auch ausmacht: „Hier fällt sehr viel Bauschutt an.“ Somit gibt es genügend Materialnachschub für die Recyclingbeton-Fertigteile des Heeker Unternehmens. Wenn dann noch – ein elementarer Wunsch der Brüder Büscher – bei öffentlichen Ausschreibungen der Einsatz von Recyclingbeton anders eingestuft würde als bisher, wäre das Unternehmen zwei wesentlichen Zielen deutlich nähergekommen: der Errichtung eines eigenen Werks nur für Fertigteile aus Recyclingbeton und damit ein erheblicher Beitrag zu einer zirkulären Bauwirtschaft.
Diese Erfolgsgeschichte einer innovativen Transformation wurde im Mai 2024 veröffentlicht. Es finden im Anschluss keine Aktualisierungen bzw. Prüfungen der Angaben statt.
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