Skip to main content
Erfolgsgeschichten aus NRW

ESK-SIC GmbH

– Ressourcen sparen bei der Siliciumcarbid-Herstellung –

Siliciumcarbid ist ein wichtiger und begehrter Rohstoff für zahlreiche Anwendungen. Doch die Gewinnung ist sehr energieintensiv und verbraucht sehr viele Ressourcen. Das Unternehmen ESK-SIC aus Frechen wird demnächst die Produktion auf eine ganz neue, selbst entwickelte Weise starten, dabei einen 130 Jahre alten Herstellungsprozess ablösen und bis zu 80 Prozent CO₂-Emissionen einsparen.

Die Herausforderung

Viele Menschen werden den Begriff „Siliciumcarbid“ (SiC) noch nicht gehört haben. Begegnet sind ihm alle schon. Denn der Rohstoff spielt im Alltag eine immense Rolle. Er kommt etwa in beschichteten Teflon-Pfannen oder in den Bodenbelägen von Bussen und Gangways zum Einsatz, um für Rutschfestigkeit zu sorgen. Die herausragenden Materialeigenschaften kommen aber vor allem in technischen Anwendungen, wie Diesel-Partikelfiltern, Bremsbelägen, Schleifscheiben und als thermische Auskleidung von Müllverbrennungsanlagen zum Tragen. Größte Relevanz hat SiC als keramischer Hochleistungswerkstoff. Dort spielt das Material eine unverzichtbare Rolle zur Erzeugung von Brennhilfsmitteln oder Wärmetauschern und gewinnt zunehmend an Bedeutung in keramischen Komponenten in den Bereichen der Additiven Fertigung und der Halbleiterindustrie. Die neue Generation an Halbleiterwerkstoffen beruht zu Großteilen auf SiC. Das hat mit seinen besonderen Eigenschaften zu tun: geringer Verschleiß, hoher Härtegrad, thermische Beständigkeit, geringes Gewicht bei gleichzeitig hoher Korrosionsbeständigkeit, gute elektrische und thermische Leitfähigkeit. Nach Auskunft von Dr. Stefan Wild, Leiter Forschung & Entwicklung bei der ESK-SIC GmbH in Frechen, werden weltweit pro Jahr eine Million Tonnen SiC produziert, Tendenz: steigend. Doch es gibt ein erhebliches Problem. Oder richtiger: mehrere. Das Material wird in einem aufwändigen, seit über 130 Jahren kaum modifizierten Verfahren aus Sand und Petrolkoks hergestellt. Sand ist eine endliche Ressource, Petrolkoks ist ölbasiert. Um die Ausgangsmaterialien überhaupt zu einer chemischen Reaktion zu animieren, sind enorm hohe Temperaturen von über 2.000 Grad erforderlich. Weitere CO₂-Emissionen entstehen bei der eigentlichen Reaktion. Und: Über 40 Prozent des gewonnenen Rohmaterials sind laut Wild trotz des immensen Aufwands lediglich von minderer Qualität. Doch einen besseren Prozess gab es bisher nicht.

Beauftragt durch:

  • Fotos: Fraunhofer IKTS
  • Text: Lothar Schmitz, Wirtschaftsjournalist Bonn
  • Veröffentlichung: November 2024

Die Innovation

Daran störte sich Matthias Hausmann, Geschäftsführer von ESK-SIC, schon vor vielen Jahren. Das Unternehmen erhält SiC-Rohmaterial und bereitet es für unterschiedlichste Verwendungszwecke zu Pulvern und Granulaten auf. Pro Jahr verlassen rund 30.000 Tonnen verschiedener Qualität das Werk in Frechen. Seit 2016 forscht Hausmann mit den Kolleginnen und Kollegen der hauseigenen Forschung und Entwicklung sowie Forschenden am Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme (IKTS) in Dresden an einem alternativen Herstellungsprozess von SiC, der Ressourcen und zugleich Energie spart und somit die Umwelt weniger belastet. Heute arbeitet das F&E-Team des Unternehmens unter Leitung von Stefan Wild mit dem IKTS nicht nur an nachhaltigen SiC-Materialien. Es gelingt zudem, die SiC-Partikel schon während ihres nachhaltigen Herstellungsprozesses ideal an die späteren Anwendungen anzupassen. Das vorläufige Ergebnis der Zusammenarbeit nennt Wild „durchaus eine Revolution“: ein neuer Prozess – „RECOSiC“ genannt – zur Gewinnung von SiC mit zusätzlich verbesserten Materialeigenschaften, der eines Tages den bisherigen aus den 1890er-Jahren ablösen soll. „Er braucht weniger Strom, emittiert weniger CO₂, und wir erzielen sogar bessere Materialeigenschaften“, berichtet Wild. Möglich wird das durch den Einsatz spezieller Hochtemperaturöfen, die homogene Reaktionsbedingungen ermöglichen und die nötige Energie viel effizienter verwerten. Außerdem kommen zu einem erheblichen Anteil minderwertige SiC-haltige Materialien zum Einsatz. „Davon gibt es reichlich“, weiß Wild. Sämtliche Nebenprodukte bei der Herstellung SiC-basierter Bauteile können in die Wertschöpfungskette zurückgeführt werden. Dies ermöglicht laut Wild erstmals eine Kreislaufwirtschaft für sämtliche SiC-basierte Materialien. Seinen Angaben zufolge benötigt der neue Prozess lediglich zwei Megawatt-Stunden Energie pro Tonne SiC, während beim traditionellen Prozess 7,2 Megawatt-Stunden nötig sind. Die CO₂-Emissionen fallen bei „RECOSiC“ um bis zu 80 Prozent geringer aus. Und: Die Ausbeute an hochwertigem SiC ist laut Wild deutlich höher als beim bisherigen Verfahren.

Der NRW-Effekt

Bald startet die Produktion im industriellen Maßstab. In Frechen investiert das Unternehmen bis zu 150 Millionen Euro in eine Anlage, in der zukünftig 12.000 Tonnen SiC pro Jahr nach dem „RECOSiC“-Verfahren hergestellt werden sollen. „Das ist zwar nur ein Prozent der derzeitigen weltweiten Jahresproduktion“, sagt Wild, „aber wir sind überzeugt, dass sich unser Prozess durchsetzen wird.“ Im April 2024 besichtigte NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur die Baustelle. Mit dabei waren auch Prof. Dr. Alexander Michaelis, Institutsleiter Fraunhofer IKTS, und Jörg Adler, Abteilungsleiter Nichtoxidkeramik am IKTS. Das Dresdner Institut will am ESK-SIC-Standort in Frechen ein „Technologiezentrum“ errichten. Zudem arbeitet ESK-SIC bei wichtigen Projektbestandteilen mit Firmen aus der Region zusammen. So kommen etwa die gesamten Ingenieurdienstleistungen und große Teile des notwendigen Anlagenbaus aus NRW. „Hier gibt es die perfekte Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Wissenschaft, das Ergebnis ist weltweit einzigartig“, sagte Wirtschaftsministerin Neubaur beim Baustellenbesuch. Wild rechnet den künftigen Umwelteffekt vor: „Bei einer Jahresproduktion von 12.000 Tonnen nach unserem neuen Verfahren werden 18.000 Tonnen Sand und 11.000 Tonnen Petrolkoks weniger benötigt. Wir sparen 67.000 Tonnen CO₂ ein.“

Diese Erfolgsgeschichte einer innovativen Transformation wurde im November 2024 veröffentlicht. Es finden im Anschluss keine Aktualisierungen bzw. Prüfungen der Angaben statt.

Mehr zum Thema Unwelt

FörderungNewsUmweltUmweltwirtschaft.NRW

KUER Businessplan Wettbewerb

KUER Businessplan Wettbewerb Gestalten Sie Ihre innovative Geschäftsidee zu einem tragfähigen Businessplan! Sie haben eine kreative Idee für ein Produkt, ein Verfahren oder eine Dienstleistung in den Bereichen Klima, Umwelt, Energie oder Ressourcenschonung und möchten sich damit selbstständig machen? Oder Sie führen ein junges Unternehmen der Umweltwirtschaft in NRW, das nicht älter als zwei Jahre ist, und möchten Ihr Geschäftskonzept professionell ausarbeiten? Dann nehmen Sie am KUER Businessplan Wettbewerb teil! Innerhalb von fünf Monaten erstellen Sie, unterstützt von einem persönlichen Mentor und Experten, Ihren Businessplan. Sie profitieren von einem umfassenden Qualifizierungsangebot, wertvollen Kontakten zu Spezialisten aus den KUER-Branchen sowie Netzwerken…
Lisa Berle
14.08.2024
Transformation durch Innovation

Hintergrund der Publikationsreihe

Die Publikationsreihe „Transformation durch Innovation“ soll veranschaulichen, wie Unternehmen in NRW, dank der durch das Land NRW geschaffenen Rahmenbedingungen, erfolgreiche Innovationsgeschichten schreiben konnten.

Sie haben Interesse in einer zukünftigen Auflage präsentiert zu werden?
Dann melden Sie sich mit Ihrem Anliegen unter: